Einstufung in der Pflegeversicherung

  Aktuelles allgemein

Bei der Einstufung in einen Pflegegrad ist der Grad der Selbstständigkeit entscheidend. Berücksichtigt werden soll der ganze Mensch, sowie auch etwaige geistige Einschränkungen. In Deutschland gibt es fünf Pflegegrade. Die Pflegebedürftigkeit wird mit Hilfe eines detaillierten Fragekataloges bewertet, der nach Punkten ausgewertet wird. Sechs Lebensbereich werden mit Hilfe von 64 Kriterien analysiert.

Was bedeutet überhaupt pflegebedürftig?

Pflegebedürftigkeit kann sich entweder schleichend oder aufgrund eines Unfalls entwickeln. Die Gründe dafür können ganz unterschiedlich sein – chronische Erkrankungen, der Alterungsprozess verbunden mit nachlassenden Kräften, akute Erkrankungen wie Schlaganfälle oder gesundheitliche Folgeschäden von Unfällen.
Wer als pflegebedürftig gilt, kann Leistungen von der Pflegekasse erhalten. Die Höhe der Leistungen hängt dabei von der Einstufung und dem damit verbundenen Pflegegrad ab. Ein wichtiges Kriterium für eine eventuelle Pflegebedürftigkeit ist, dass diese auf Dauer (also voraussichtlich länger als sechs Monate) besteht. Um den Alltag trotz Pflegebedürftigkeit zu bewältigen kann Unterstützung durch einen mobilen Pflegedienst oder eine Unterbringung in einem Betreuten Wohnen erforderlich sein.

Die Begutachtung

Bei der Begutachtung werden sechs unterschiedliche Lebensbereiche betrachtet:

  • Mobilität (Beweglichkeit)
  • Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
  • Verhaltensweisen
  • Selbstversorgung
  • Umgang mit krankheitsbedingten Anforderungen und Belastungen
  • Gestaltung vom Alltagsleben und soziale Kontakte

Die Lebensbereiche werden dabei als Module bezeichnet.

Modul 1: Mobilität

In diesem Modul wird überprüft, ob die Körperhaltung ohne die Hilfe von anderen Personen geändert werden kann und ob eine Fortbewegung alleine möglich ist. Hier geht es nur um die körperliche Beweglichkeit. Wenn sie von geistigen Beeinträchtigungen beschränkt wird, fließt dies im zweiten Modul mit ein.

Die Punkte werden in diesem Modul wie folgt vergeben:

  • selbstständig: 0 Punkte
  • überwiegend selbstständig: 1 Punkt
  • überwiegend unselbstständig: 2 Punkte
  • unselbstständig: 3 Punkte

Modul 2: Kognitive und kommunikative Fähigkeiten

Im zweiten Modul geht es vor allem um das Verstehen und das Reden. Beispiele hierfür sind:

  • Das Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld.
  • Das Zurechtfinden in der eigenen Umgebung.
  • Das Durchführen von zielgerichteten Handlungen, wie etwa die richtige Kleidung wählen oder sich selbst in der richtigen Reihenfolge anziehen.

Die motorischen Fähigkeiten spielen hier keine Rolle. Wichtig ist nur, ob die geistlichen Voraussetzungen vorliegen, die Handlungen durchzuführen.

Die Punktevergabe erfolgt wie folgt:

  • Fähigkeit vorhanden: 0 Punkte
  • Fähigkeit größtenteils vorhanden: 1 Punkt
  • Fähigkeit in geringem Maße vorhanden: 2 Punkte
  • Fähigkeit nicht vorhanden: 3 Punkte

Modul 3: Verhaltensweisen

In diesem Modul wird überprüft, ob beispielsweise die folgenden Verhaltensweisen vorliegen und wie oft diese auftreten.

  • zielloses Herumlaufen
  • herausforderndes Verhalten
  • Aggressionen (Beleidigungen, Schlagen, Treten)
  • Ablehnen der angebotenen Hilfe
  • nächtliche Unruhe
  • Wahnvorstellungen

Die Punktevergabe:

  • nie oder selten: 0 Punkte
  • selten: 1 Punkt
  • häufig: 2 Punkte
  • täglich: 3 Punkte

Modul 4: Selbstversorgung

Hierunter fallen Tätigkeiten, die zur Versorgung des eigenen Körpers durchgeführt werden müssen. Entscheidend ist, in wie weit die Fähigkeit besteht, diese Tätigkeiten selbst durchzuführen. Es handelt sich beispielsweise um folgende Tätigkeiten: waschen, anziehen, duschen, trinken, essen, der Toilettengang, etc.

Die Punkte werden in diesem Modul wie in Modul 1 vergeben:

  • selbstständig: 0 Punkte
  • überwiegend selbstständig: 1 Punkt
  • überwiegend unselbstständig: 2 Punkte
  • unselbstständig: 3 Punkte

Modul 5: Umgang mit krankheitsbedingten Anforderungen und Belastungen

Hier ist entscheidend, ob ärztliche Maßnahmen tatsächlich selbstständig erfüllt werden können. Ist dies nicht der Fall, wird geprüft, wie häufig Hilfestellungen nötig sind.

Hier werden die Punkte folgendermaßen vergeben:

  • entfällt oder selbstständig: 0 Punkte
  • täglich (Anzahl)
  • wöchentlich (Anzahl)
  • monatlich (Anzahl)

Bei den anderen Angaben kommt es darauf an, wie oft täglich, wöchentlich oder monatlich die Tätigkeiten selbst oder von anderen durchgeführt werden müssen. Die Angaben variieren je nach durchgeführter Tätigkeit.

Modul 6: Gestaltung vom Alltagsleben und soziale Kontakte

Im letzten Modell wird überprüft, in wieweit der Alltag selbstständig gestaltet wird. Gibt es eigenständige Kontakte zu Freunden und Bekannten? Wird das Haus eigenständig verlassen?

Die Bepunktung erfolgt folgendermaßen:

  • selbstständig: 0 Punkte
  • überwiegend selbstständig: 1 Punkt
  • überwiegend unselbstständig: 2 Punkte
  • unselbstständig: 3 Punkte

Die Einstufung in den Pflegegrad

Für jedes Modul werden anschließend die Punkte ermittelt. Je nach Punkten und Gewichtung fließen diese dann in die Gesamtbewertung ein. Bei Modul 2 und 3 gibt es die Besonderheit, dass nur das Modul mit der höheren Punktzahl berücksichtigt wird.

Für die endgültige Einstufung ist dann noch einiges an Rechenarbeit notwendig. Die einzelnen Module werden folgendermaßen gewichtet:

  • Modul 1 10 %
  • Modul 2 oder 3 15 %
  • Modul 4 40 %
  • Modul 5 20 %
  • Modul 6 15 %

Je nach erreichten Punkten gibt es dann anhand der Gewichtung eine Einstufung in die einzelnen Pflegegrade nach folgendem Schema:

Grad der SelbstständigkeitPunktezahlPflegegrad
Geringe Beeinträchtigung12,5 bis 271
Erhebliche Beeinträchtigung27 bis unter 47,52
Schwere Beeinträchtigung47,5 bis unter 703
Schwere Beeinträchtigung70 bis unter 904
Schwere Beeinträchtigung90 bis 1005

Die Pflegegrade zeigen dabei an, wieviel Selbstständigkeit noch vorhanden ist.

Wer nimmt die Einstufung vor?

Die Einstufung in die Pflegegrade wird von der Pflegekasse bearbeitet. Hierfür muss ein schriftlicher oder telefonischer Antrag gestellt werden. Die Pflegekasse ist der Krankenkasse angegliedert. Mit der notwendigen Bevollmächtigung kann der Antrag auch von einer anderen Person gestellt werden.
Nach Antragstellung beauftragt die Pflegekasse dann den Medizinischen Dienst oder einen anderen unabhängigen Gutachter. Dieser begutachtet dann den Antragsteller und stellt anschließend den Pflegegrad fest.
Als Privatversicherter muss der Antrag bei der privaten Versicherung erfolgen. Die Begutachtung wird hier immer durch den Medizinischen Dienst MEDICPROOF durchgeführt.

Es kann dabei natürlich vorkommen, dass ein niedrigerer Pflegegrad festgestellt wurde, als der Antragsteller sich dies erhofft hat. Ebenso kann es zur kompletten Ablehnung des Antrages kommen. Wer mit der Entscheidung nicht einverstanden ist, kann dann Widerspruch einlegen. Nach Zustellung des Bescheides ist dafür genau ein Monat Zeit. Bei einem Fehler im Bescheid (wie dem fehlenden Hinweis auf die Möglichkeit des Widerspruches) beträgt die Frist sogar ein ganzes Jahr. Die Frist startet am Tag des Zuganges des Schreibens. Der Widerspruch sollte dann sicherheitshalber per Einschreiben verschickt werden. Kommt der Widerspruch zu spät oder gar nicht an, so bleibt der Bescheid nämlich wirksam. Ein Widerspruch per E-Mail ist nicht zulässig. Im Internet gibt es einige Hilfestellungen für die Formulierung eines solchen Widerspruchs.