Aktivierung für Demenzkranke in Stralsund

Aktivierung für Demenzkranke in Stralsund

Das Gehirn fordern und Sinne erwecken

Es gehört zum Krankheitsbild, dass sich demente Menschen immer mehr in sich selbst zurückziehen und dabei nicht nur den Kontakt zu anderen verlieren, sondern, wie es scheint, auch einen großen Teil ihrer „Persönlichkeit“. Sie wirken abwesend oder apathisch, depressiv und vereinsamt. Doch weiß die Wissenschaft heute, dass das Gehirn auch bei dieser schweren Krankheit durchaus noch trainiert werden kann. Wenn es gelingt, die geistige Leistungsfähigkeit durch eine sinnvolle Aktivität anzuregen und die Erkrankten durch ein leichtes körperliches Training zudem etwas fitter zu machen, dann erleichtert das nicht nur den Alltag aller Beteiligten. Vielmehr können die Sinne der an Demenz Erkrankten Patienten im Rahmen der Pflege bei Demenz wieder erweckt werden. Ebenso können bestimmte Erinnerungen, Gefühle, Erfahrungen und Kompetenzen wieder bewußter werden. All das ermöglicht eine stärkere Teilhabe am Leben und an Gemeinschaft. Gute Gefühle erwachen durch die Aktivierung schöner Erinnerungen und schaffen damit ein Stückchen Lebensfreude.

Sinnvolle Betätigungen finden

Das häusliche Umfeld ist für eine Aktivierung von Körper und Geist besonders geeignet, befinden sich dort doch zahlreiche Dinge, mit denen der Erkrankte vertraut ist und die ihm ans Herz gewachsen sind. Um eine geeignete Aktivierung durchzuführen zu können, sind jedoch zunächst einige Regeln zu beachten.

  • Es gibt keine standardisierte Methode, kein festgelegtes Programm, vielmehr sollten die Aktivierungen individuell auf den jeweiligen Menschen zugeschnitten sein. Aktivierung bedeutet geistiges und körperliches "Training" unter Berücksichtigung von Bedürfnissen, Ressourcen, Kompetenzen, Erfahrungen und Neigungen der Erkrankten. Denn jeder Demenz-Patient ist anders belastbar, hat andere Vorlieben, andere Erinnerungen usw. Männer und Frauen unterscheiden sich häufig in ihren Neigungen und Interessen. Es lohnt sich vielleicht auch, ein wenig auf die Kreativität jedes Einzelnen zu vertrauen.
  • Nicht jeder Tag ist gleich. Das gilt erst recht für Demente. Deshalb sollten körperliche und geistige Aktivitäten an die jeweilige Tagesform des Betreuten angepasst werden. Es ist darauf zu achten, dass das Leistungsniveau entsprechend eingehalten wird, damit Überforderung und Frustrationen vermieden werden.
  • Das Lebensumfeld der Erkrankten Person bietet sicherlich zahlreiche Hinweise darauf, was er oder sie früher gerne gemacht hat. Es ist davon auszugehen, dass diese Neigungen und Interessen auch im dementen Zustand wieder die Tore zu einer Beteiligung am Leben öffnen können. sofern sie denn aktiviert werden.

Musik an erster Stelle

  • Unter allen Aktivierungen steht die Musik an erster Stelle. Das Musikgedächtnis ist das, was mit als letztes erlischt. Deshalb eignet sich das Musikhören auch für fortgeschritten Erkrankte. Musik fördert die schönen Erinnerungen und Gefühle, beruhigt, lindert Aggressionen, hilft beim Einschlafen. Zahlreiche wissenschaftliche Studien weisen heute auf die ungeheuer positive Wirkung einer Musiktherapie bei Dementen hin. Ob einfach Zuhören oder gemeinsames Singen und Summen, leichte Bewegungen nach Musik bis hin zum Tanz – es gibt dabei einen großen Fundus an Möglichkeiten. Ob sie als gezielte Therapie oder einfach begleitend im Pflegeallatg erfolgt, das ist von den jeweiligen Pflegebedingungen abhängig.
  • Häufig erbrobt wird in Wohngemeinschaften und Pflegeheimen auch das gemeinsame Kochen. Auch im häuslichen Umfeld kann das eine sehr gute Aktivierung darstellen, denn es trägt zu dem Gefühl der Sinnhaftigkeit bei. Dabei ist allerdings zu beachten, dass der Appetit gestört sein kann, bestimmte Speisen vielleicht nicht mehr vertragen werden und bestimmte Gerüche auch zu Unwohlsein führen können. Aber insgesamt weisen zahlreiche Projekte darauf hin, dass die Beteiligung an der Essenszubereitung Freude erweckt, wenn sie die jeweilige Tagesform der Betreuten mitberücksichtigt. Insbesondere dann, wenn Lieblingsspeisen - vielleicht aus alten Kochbüchern im heimischen Umfeld - zubereitet werden.
  • In den Ablauf der ambulanten Pflege gut zu integrieren sind weitere leichte körperliche Hausarbeiten, die durchaus als sinnvoll erlebt werden können. Zum Beispiel kann dazu auch die Pflege von Pflanzen und Blumen gezählt werden. Wenn dabei auch gezielt Bewegungen eingesetzt werden, kann das ein gutes körperliches Training sein.
  • Wenn die Sehfähigkeit erhalten geblieben ist, dann sind Fotos und Fotoalben "Türöffner" zu den Sinnen und Erinnerungen. Die Erinnerungspflege ist insgesamt ein wichtiger Bestandteil der Aktivierung von Dementen. Auch das Erzählen von Geschichten gehört dazu und gemeinsame Rückblicke in - möglichst gute - alte Zeiten, also Biografiearbeit. Auch hier ist die Aktivierung gezielt als Therapie oder begleitend einzusetzen.

Zeit und Ressourcen

Zahlreiche Studien weisen darauf hin, dass die ambulante, individuelle Förderung und Aktivierung von Dementen durchaus Kosten senken kann, wenn man sie als Prävention betrachtet. Unabhängig davon stellen gegenseitige Wertschätzung, Teilhabe am Leben und an Gemeinschaft sowie eine möglichst weitgehende Sebstbestimmung, auch von schwerer Erkrankten, die ethischen Grundpfeiler jeder ambulanten Pflegeleistung dar. Es lohnt sich deshalb, Zeit und personelle Ressourcen dahingehend zu prüfen, wann, wie und wo sich Aktivierungsmaßnahmen im ambulanten Pflegealltag verwirklichen lassen.